Ein Interview mit dem lichtung verlag
Von Leonie Winter
Mit dem turtle magazin(e) wollen wir jungen Autor:innen helfen, Kontakte zu knüpfen und mit der großen und vielfältigen Welt der Verlage vertraut machen. Mit dem lichtung verlag findet sich in der Region Südostbayern ein kleiner Verlag mit vielfältigem Programm und regionalem Bezug. Der Verlag überzeugt seit 30 Jahren mit seiner zeitgenössischen Literatur.
Wir hatten die Möglichkeit mit Kristina Pöschl, Geschäftsführerin des lichtung verlags, zu sprechen, die uns etwas mehr über die Arbeitsweise des Verlags erzählt, über die Bücher, die verlegt werden, und was man als junge:r Schriftsteller:in beachten sollte.
Zu den Personen hinter dem Verlag:
Kristina Pöschl, geboren 1986, hat Germanistik an der LMU München studiert. Seit 2011 ist sie Mitarbeiterin beim lichtung verlag, 2014 hat sie den Verlag zusammen mit ihrer Kollegin Eva Bauernfeind übernommen. Neben dem Kulturmagazin lichtung erscheinen pro Jahr gut fünf Bücher. Die beiden Geschäftsführerinnen übernehmen alle Arbeiten im Verlag selbst: Lektorat, Satz und Gestaltung, PR und Vertrieb. Im Verlag erscheinen belletristische Romane, Erzählbände und Gedichtbände. Außerdem geben Eva Bauernfeind und Kristina Pöschl Anthologien heraus.
Welche Bücher verlegt ihr? Was für Autor:innen sucht ihr?
Wir verlegen zeitgenössische Literatur von Autor:innen aus dem Raum Südostbayern, also Romane, Erzählbände, auch Lyrik in Mundart und Hochsprache. Außerdem hin und wieder Sachbücher zu zeitgeschichtlichen Themen und Fotobände. Interessant wären für uns zum Beispiel Autor:innen, die anspruchsvolle Romane schreiben, die einen Bezug zur Region haben.
Wie ist euer Verhältnis zwischen jungen, neuen Autor:innen und denen, die schon lang dabei sind?
Tatsächlich gibt es bei uns im Verlag nicht so viele junge Autor:innen. Uns ist es wichtig, mit einer Autor:in längerfristig zusammenzuarbeiten und diese im besten Fall über Jahre und Jahrzehnte zu begleiten. Und da unser Verlag schon über 30 Jahre besteht, haben wir einige Stammautor:innen, von denen immer wieder Bücher bei uns erscheinen.
Aber wir schauen auch, dass wir immer wieder jemanden Neuen dazubekommen, vielleicht so alle zwei Jahre ein neues Gesicht. Und wir halten immer Ohren und Augen nach jungen Talenten offen. Da unser Programm mit fünf Büchern pro Jahr sehr klein ist und wir nicht viele Autor:innen unterbringen können, veröffentlichen wir immer wieder Anthologien, in denen auch Nachwuchsautor:innen vertreten sind.
Wie lange plant ihr die jeweiligen Frühjahrs/Herbst-Programme im Voraus?
Das ist bei uns kurzfristiger als bei großen Verlagen. In der Regel planen wir ein gutes Jahr im Voraus. Für 2022 ist das Programm zum Beispiel schon komplett voll, wir machen uns schon die ersten Gedanken über 2023.
Was ist dein Lieblingsbuch momentan?
In unserem Verlag ist mein Lieblingsbuch eigentlich immer das, das zuletzt erschienen ist! Man hat so lange und intensiv daran gearbeitet, man kennt es in- und auswendig, dann ist es einfach schön, wenn man es auch präsentieren kann und andere es lesen.
Wie lange braucht ihr ungefähr von Einreichung des Manuskripts bis Veröffentlichung?
Wenn wir uns dafür entschieden haben, ein Manuskript ins Programm aufzunehmen, dann dauert es mindestens ein halbes Jahr, bis das Buch erscheint, manchmal auch ein, eineinhalb Jahre. Bei uns sind die Abläufe so: Nach einem ersten Lektorat überarbeiten die Autor:innen das Manuskript noch einmal, dann wird der Satz erstellt, wieder Korrekturdurchgänge, und dann geht es in den Druck.
Was sind eure Geheimtipps für Autor:innen, die Manuskripte an kleine Verlage schicken wollen?
Wir bekommen immer wieder Mails, bei denen man merkt, dass sie genauso auch an 50 andere Verlagsadressen gegangen sind. Das geht natürlich gar nicht. Stattdessen sich das Programm des Verlags genau ansehen, überlegen, ob es für beide Seiten passen würde, eine persönliche Verbindung herstellen. Und ausdauernd sein: nicht enttäuscht und verärgert sein, wenn es nicht gleich klappt, sondern sich immer wieder mal melden, in Kontakt bleiben.
Was ist dein Tipp, um in der Buchbranche als Autor:in ernst genommen zu werden?
Hm, schwierige Frage … erfahrene Autor:innen erkennt man vielleicht daran, dass sie offen dafür sind, an ihren Texten zu arbeiten, und auch Kritik und Änderungsvorschläge akzeptieren können.
Wie steht ihr zu dem Phänomen "Self-publishing"?
Es ist eine gute Möglichkeit für Autor:innen, die schnell etwas veröffentlichen wollen und noch keinen Verlag gefunden haben oder mit keinem Verlag zusammenarbeiten wollen. Beim Self-Publishing stößt man an Grenzen, was PR und Vertrieb betrifft, das muss einem bewusst sein. Unverzichtbar finde ich, auch beim Self-Publishing mit einer Lektor:in, zusammenzuarbeiten: Man merkt Büchern an, wenn sie nicht lektoriert wurden. Aber es können sich auch im Self-Publishing-Bereich durchaus Perlen finden lassen!
Was ist eure Meinung zu E-Books/ Hörbüchern, die ja momentan mehr im Trend liegen/im Kommen sind?
Ein paar unserer Bücher erscheinen parallel als E-Books, das macht aber nur einen sehr kleinen Anteil unseres Umsatzes aus. E-Books sind eine schöne Ergänzung zu Printbüchern, und die Herstellung ist nicht aufwendig. Da unser Programm aber eher ein Nischenprogramm ist, sind die Verkaufszahlen für E-Books natürlich nicht so hoch wie bei Krimis und Liebesromanen. Es eignet sich nicht jedes Buch, als E-Book verlegt zu werden, Lyrik funktioniert unserer Erfahrung nach nur in Print. Aber Romane oder unterhaltsame Erzählungen, solche Bücher bringen wir auch als E-Books heraus.
Hörbücher produzieren wir selbst nicht, das würden wir für unsere Bücher einem professionellen Hörbuch-Verlag überlassen – wir hätten nichts dagegen!
Gibt es noch etwas, was du jungen Autor:innen auf den Weg geben möchtest?
Nicht aufgeben, wenn Verlage absagen – vor allem einfach weiterschreiben. Wir sehen das an den Autor:innen, mit denen wir schon länger zusammenarbeiten, egal welchen Alters: Im Schreiben entwickelt man sich immer weiter.
Herzlichen Dank für die Möglichkeit und den tollen Austausch!
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