von Carla Vollmoeller. Eine Anekdote über das Schwimmen, die eigenen Grenzen und den tiefen Wunsch, sich völlig in dieser Leidenschaft zu verlieren.
Seit Jahren schwimme ich. Brust, Kraulen, Rücken, Tauchen, Springen - doch Wenden, das wollte ich noch nie lernen.
Wenn ich andere dieses hochtechnische Manöver vollführen sehe, sträubt sich etwas in mir. Keinen Halt machend, pirouettieren sie jeweils 180 Grad um zwei Drehachsen ihres eigenen Körpers, währenddessen sie sich kaum merklich, doch kräftig von der Wand abstoßen, um dann mit unveränderter Geschwindigkeit den Gleitflug fortzusetzen.
Derweil schwimme ich wie immer gemütlich bis zum Ende der Bahn, halte an. Die Hände versichern sich kurz, dass der Beckenrand während der letzten Bahnreise nicht doch auch weggeschwommen ist, dann eine geradezu royale Drehung, langsam, Körper folgt Kopf. Nach einem sanften Abstoßen beginnt der Spaziergang aufs Neue.
Aber eigentlich will ich Wenden. So richtig Wenden – mit Wasser in der Nase, will ich vergessen, wo oben und unten ist, wenn ich mich statt der 180 doch nur um 80 Grad in unterschiedlichste Richtungen zwirble, dadurch die Wand zum Abstoßen verpasse und ich im selbstverursachten Wendewirbel steckenbleibe. Ich will vom Sauerstoffmangel des Wasserhustens noch orientierungsloser werden, um dann zwei Meter vom Rand entfernt verwirrt aufzutauchen, innezuhalten und neu zu starten.
Irrsinnig, dieses Bahnenschwimmen.
Über Carla Vollmoeller:
Ich lebe in Berlin und studiere hier etwas mit Zahlen. In der Schule hätte ich Deutsch wohl abgewählt, wenn ich gekonnt hätte, und Lesen macht mich müde. Aber Worte sind mir inzwischen doch ans Herz gewachsen.
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